27.05. Die Reise hatte noch gar nicht begonnen, da wurde es schon spannend. Wenn am Vorabend des Fluges eine SMS kommt, dass der Flug am folgenden Tag mittags gestrichen wurde und die Alternative um 7 Uhr morgens geht, dann ist man doch kurzfristig etwas angespannt; insbesondere wenn man doch diverse hundert Kilometer mit der Bahn zum Flughafen zu fahren hat. Okay, es war dann eine etwas schlafarme Nacht, aber es hat geklappt und ich sitze nun in Oslo und verbringe die nun etwas mehr gewordenen Aufenthaltsstunden in der SAS-Lounge (war gar nicht geplant, aber wenn die es einem schon anbieten…)
Schließlich bin ich doch gut angekommen hier oben auf 78° Nord und damit liegen nun interessante und erlebnisreiche Tage vor mir, so hoffte ich jedenfalls und diese Hoffnun sollte auch nicht enttäuscht werden. Zunächst stand einmal ein kompletter Tag Longyearbyen auf dem Programm und mein Tipp ist: diesen Tag in der Hauptstadt Spitzbergens sollte man sich in jedem Fall gönnen. Nicht nur die sehenswerten Museen zu Spitzbergen selbst und der Nordpolerforschung legen dieses nahe, es ist auch die Wirkung dieses Ortes, das Lokal-Colorit und auch die Historie des Städtchens, das einen eintauchen lässt in das Leben sehr weit nördlich des Polarkreises.
Am 30. war es dann soweit, wir schifften uns ein auf der SV Antigua und hatten damit neun Tage hohe Arktis vor uns. Kurz nach dem Ablegen zogen einige Nebelbänke von Westen herein und tauchten die Landschaft in ein mystisches Licht. Unser Weg führte uns zunächst aus dem Isfjord hinaus und dann in Richtung Norden. Unser Ziel sollte die Eisgrenze im Norden sein, die in dieser frühen Saisonzeit noch unweit der Nordküste liegt. Da das Wetter in den kommenden Tagen ruhig und schön zu werden versprach, wollten wir dieses eben auch nutzen, um schon einmal gut Meilen in Richtung Norden zu machen. Nach dem Nebel am ersten Abend bescherte uns der folgende Tag einen klaren blauen Himmel und sehr ruhiges Wetter. Diese Gunst nutzten wir um über den Tag verteilt drei Anlandungen zu unternehmen. Dazu passierten wir eine Walrosskolonie auf der Landspitze Sarstangen und nahmen uns auch hier Zeit für schöne Beobachtungen.
Von unserem Ankerplatz in der Scheibukta wollten wir an diesem Morgen einen Landgang starten, aber eine Eisbärendame mit zwei Jungtieren am Ufer ließ uns dann doch an Bord verweilen. Die kleine Familie ließ sich durch uns auch nicht aus der Ruhe bringen (was wir ja auch gar nicht beabsichtigten) und so konnten aus sicherer Distanz unsere erste Eisbärenbegegnung auf dieser Fahrt genießen. Schließlich ging es für uns weiter und auf er Danskøya machten wir im Kobbefjord dann doch unsere erste Anlandung für den Tag. Im weiteren Verlauf des Tagen kamen wir mit der Antigua an dem Platz der alten Walfängerstation Smeerenburg vorbei und auch hier konnten wir eine große Gruppe Walrosse am Ufer liegen sehen und konnten die Tiere bei langsamer Fahrt in Ruhe studieren.
Nach der Nacht vor Anker bei Sallyhamna zog wieder ein Eisbär unsere Aufmerksamkeit auf sich. Er trottete entlang des Ufers, nahm kaum Notiz von uns, stieg irgendwann ins Wasser und schwamm in nicht weiter Entfernung vor dem Bug der Antigua über die Bucht; was für ein Tagesbeginn! Heute sollte es nun der nördlichste Tag unserer Reise werden, unser Ziel war das Treibeis nördlich von Spitzbergen. Das Wetter war ausgezeichnet, klar und sonnig. Berge, Eis und auch die Antigua spielgelten sich klar im Wasser, was wir nicht zuletzt bei Ausfahrten mit den Zodiacs durch die Eisschollenwelt genossen. Hin und wieder kamen wir in langsamer Fahrt auch an zwei Walrossen und einer Bartrobbe vorbei, die auf ihren Eisschollen lagen und vor sich hin dösten.
Dann setzten wir wieder Kurs Richtung Süden und machten an der Landspitze Biskayarhuken noch einen Landgang. Auch hier fanden wir wieder Hinterlassenschaften aus der Walfängerzeit. Am folgenden Tag besuchten wir eine Krabbentaucherkolonie. Tausende der emsigen kleinen Vögel kommen zur Paarung und zur Brut für wenige Wochen an Land und besetzen ihre Niststellen zwischen den Felsen; eine hörens- und sehenswertes Spektakel! Zum Nachmittag hin führte uns unser Weg dann in Richtung Fuglefjord. Der Gletscher Svitjodbreen am inneren Fjordende war in der Vergangenheit recht aktiv und hat eine große Menge Eis in den Fjord geschüttet. Auch hier stiegen wir wieder in die Beiboote und machten Fahrten durch die Eiswelt. Unseren Ankerplatz für die Nacht fanden wir wieder in der Scheibukta.
Für den nun folgenden Tag war laut Wetterbericht Wind aus Nord angesagt, der sich aber nicht recht einstellen wollte. Und so wurden die Segel nach kurzem Versuch ohne Motor voranzukommen, wieder eingeholt. Wir erreichten den Kongsfjord und machten eine Anlandung auf der Blomstrandhalføya. Das günstige Mikroklima dieser Region ließ hier tatsächlich schon so einiges blühen, was sich ansonsten noch schüchten versteckt. Der Rote Steinbrech zeigte sich schon in vielen Stellen in schöner Pracht. Standen auch an anderen Stellen schon geologische und geomorphologische Themen auf unserer Tagesordnung, so war hier ein ganz besonderer Platz. Der hier anstehende Marmor ist schon etwas besonderes, auch wenn Versuche, diesen Rohstoff auch gewerblich zu nutzen, zu Beginn des 20. Jahrhunderts rasch wieder aufgegeben wurden. Zum Abend hin steuerten wir dann die Siedlung Ny-Ålesund an. Als Bergbauort gegründet beherbergt dieser Ort heute eine Vielzahl von Polarforschungseinrichtungen aus mehreren Ländern. Von hier aus starteten zudem in der Vergangenheit einige Versuche, auf dem Luftweg den Nordpol zu erreichen, was 1926 schließlich Roald Amundsen und Umberto Nobile mit einem Luftschiff gelang. Am folgenden Morgen erschlossen wir uns den Ort bei einem Rundgang und besuchten auch das kleine Geschäft (Butikken) und auch das sehenswerte örtliche Museum. Dann legten wir gegen Mittag wieder ab um nach kurzer Fahrt einen weiteren Gang an Land zu wagen. In der Richardlagune lagen drei Gruppen von Walrossen, denen wir uns hier gut von Land aus nähern konnten. Auch hier schienen sich die Tiere von unserer Anwesenheit nicht gestört zu fühlen und so konnten wir wieder in aller Ruhe beobachten und fotografieren. Dann hieß es für uns wieder Meilen machen und so fuhren wir über “Nacht” durch den Forlandsund und bogen wieder in den großen Isfjord ein.
Hier war unser Ziel der Dicksonfjord, ein nördlicher Fjordarm des Isfjords. Nach der Eiskarte war das Fjordinnere noch mit festem Fjordeis besetzt, bei unserer Ankunft war die Eiskannte aber schon in starker Auflösung begriffen und wir hielten es nicht für ratsam, tief in diesen Eisgürten einzufahren. Daher machten wir kehrt und gingen noch einmal an Land am Kapp Wijk. Küstenseeschwalben in großer Zahl, Meerstrandläufer bei der Balz und noch weitere Vogelarten, dazu ein Eisfuchs rundeten das Tundraerlebnis an dieser Stelle ab. Dann zogen wir noch einmal den Anker hoch und fuhren bei phantastisch klarem Wetter und gutem und beständigem Wind unter (fast) vollen Segeln quer über den Isfjord in Richtung Longyearbyen, das wir am frühen Abend auch wieder erreichten. Der folgende Morgen am 7. Juni war leider schon wieder der Abschiedstag. Es lagen wirklich viele Erlebnisse und Eindrücke hinter uns. Der Fahrtleiter Rolf hat mit seinem unglaublichen Wissen an jeder Stelle uns die Insel und das vielfältige Leben darauf nahe gebracht. Ingolf hat mit seinem fundierten Wissen über die Vogelwelt (die in diesem kurzen Bericht viel zu kurz kam) unser Augenmerk auf die gefiederte belebte Welt gerichtet. Viele Details sind hier gar nicht genannt und auch die Namen vieler anderer maßgeblich Beteiligter bleiben leider unerwähnt. Der ausführliche Reisebericht wird in Kürze auf der Internetseite www.spitzbergen.de erscheinen.
Und wenn Sie den ganzen Schildrungen keinen Glauben schenken, kommen Sie mit und überzeugen sich selbst 😉
Dieses kurze Nachwort möchte ich dazu nutzen, Sie für Ihre eigenen Reisepläne auf zwei Anreiseeigentümlichkeiten hinzuweisen: 1. Checken Sie die Flugzeiten! Schauen Sie immer einmal wieder auf den Internetseiten der Fluggesellschaften nach Ihren Flugplänen. Mittlerweile fragen die Fluggesellschaften auch nach Mobilnummer oder Mailadresse, sodass man auf Änderungen direkt hingewiesen wird, auch kurzfristig (siehe oben!). 2. Fragen Sie in Oslo am Flughafen, ob Ihr Gepäck durchgecheckt wird oder ob Sie es entgegennehmen und wieder aufgeben müssen. Es gibt zwar Regeln* dazu, aber ich habe bei der eigenen Anreise nun wieder die Erfahrung gemacht, dass verschiedene Leute vom Check-In bis zu Info-Punkten mir unterschiedliche Aussagen gegeben haben. Der gute Mensch am Service-Schalter in der Gepäckhalle in Oslo war dann aber der, der auch erst nach telefonischer Rücksprache mir die finale (und richtige) Antwort gegeben hat. Ich brauchte das Gepäck nicht entgegen zu nehmen, es wurde nach Spitzbergen durchgecheckt! Seien Sie sich für Ihre Reise da aber nicht so sicher 😉
*(bei zwei internationalen Flügen braucht das Gepäck nicht aufgenommen zu werden. Oslo-Longyearbyen zählt dabei als internationaler Flug. Wenn die Maschine aber noch einmal in Tromsö Zwischenstopp macht, ist die Verbindung aber nicht mehr “international” und dann muss man in Oslo mit seinem Gepäck durch den Zoll. Auf den Flugscheinen selber ist dieses schwer zu erkennen, da der Stopp in Tromsö oft nicht aufgeführt ist. ZB. Flugnummern SK4414 oder DY396 für die Verbindungen Oslo-Longyeabyen machen einen Stopp in Tromsö, die Flüge mit den Nummern SK4490 und SK4496 aber nicht. Man kann dieses auch erkennen an der Flugdauer, mit Stopp geht der Flug 4 Stunden oder mehr, ohne Stopp ca. 3 Stunden…; habe ich mich unverständlich ausgedrück? Für den Rückflug gilt es übrigens entsprechend)